Rede von Dissident Johannes Lichdi im Dresdner Stadtrat
Am 4. März hat dieser Stadtrat, den OB beauftragt, „gemeinschaftlich genutzte Räume in Schulen, in denen Fenster nicht ausreichend zum Lüften geöffnet werden können“ „entsprechend den Empfehlungen des Umweltbundesamtes mit mobilen oder stationären Zu- und Abluftanlagen auszustatten“.
Dieser Beschluss ist eindeutig: Wo es weder eine Raumluftanlage gibt, noch Klassenräume durch Öffnen der Fenster gelüftet werden können, sollen „Zu- und Abluftanlagen“ angeschafft werden. Im Antrag war noch von „Luftreinigung“ die Rede und genau das war gemeint.
I. Die Verwaltung verschleppt die Beschlusserfüllung
Mittlerweile sind vier Monate fruchtlos verstrichen. Die Stadtverwaltung hintertreibt den Beschluss zur Anschaffung von Luftfilter-Geräten nach allen Regeln der Verwaltungskunst.
Erst mal musste ausführlich geprüft werden. Dann soll angeblich eine langwierige europaweite Ausschreibung erforderlich sein. – Subtext: wenn die Luftfilter ankommen, ist die Seuche längst vorbei! Man möchte schlicht die Ausgaben vermeiden, weil perspektivisch vielseitigere RLT-Systeme angeschafft werden sollen.
Wir wiederholen gerade die Fehler aus dem Sommer 2020, als man nicht mehr an eine zweite Welle glauben wollte! Man darf aber aus Fehlern auch lernen: Und dies ist die Lehre aus dem letzten Sommer und Herbst: Alle Schutzmaßnahmen in den Schulen ohne Luftfilter haben eben nicht ausgereicht, um die Schulgemeinschaft vor Infektionen zu schützen!
Die vielen tausende vermeidbaren Toten gerade in Sachsen sind auch eine Folge der verspäteten Schulschließungen.
II. Nutzen von Luftfiltern
Das Umweltbundesamt bestätigt den Nutzen von Luftfiltern, auch wenn gerne das Gegenteil kolportiert wird. Und selbstverständlich wissen wir, dass sie – Zitat – „nicht als vollständigen Ersatz für Lüftungsmaßnahmen eingesetzt“ werden können,“sondern allenfalls als Ergänzung“.
Andere Länder sind lernfähig, und zwar unabhängig von der Parteifarbe: Im rot-rot-grünen Berlin sind immerhin ein Drittel der Unterrichtsräume mit Luftfiltern ausgestattet, im schwarzen Bayern gut 15%. Die Sachsen aber wissen es wieder einmal besser, hierzulande hält man sowas nicht für nötig.
Aber alle Ausreden sind schon entlarvt. Denn die sächsischen Gerichtssäle sind mit mobilen Luftfiltern ausgerüstet. Und ja, ich spitze es erwartbar zu: Wieso ist die Gesundheit von Richtern, Staats- und Rechtsanwälten eigentlich wichtiger als die der Kinder oder Lehrer?
III. Die Vierte Delta-Welle kommt
Die Delta-Variante des Corona-Virus wird sich auch in Deutschland durchsetzen. Delta ist leichter übertragbar als Alpha, die Variante der dritten Welle, und die war schon ansteckender als der Wildtyp von 2020. Die gute Nachricht ist, dass die vorhandenen Impfstoffe auch gegen Delta einen „hohen Schutz gegen schwere Verläufe“ bieten sollen.
Aber die vierte Welle kommt und sie kommt mit Delta. Was das heißt kann man in Portugal und Großbritannien besichtigen: Die Welle geht noch schneller hoch und der Anteil angesteckter Kinder und Jugendlicher ist wesentlich höher. Die in England grassierende Verantwortungslosigkeit war vorgestern in Wembley zu besichtigen – nicht zufällig in einem von einem Rechtspopulisten geführten Land.
IV. Gerade Kinder werden von der Delta-Welle getroffen
Die Anzahl der Impfungen wird nicht ausreichen, um das Virus zu ersticken. Zudem können auch Geimpfte an Delta erkranken. Ganz sicher aber werden Kinder unter 12 Jahren erwischen, für die es keinen Impfstoff gibt. Und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch für Jugendliche bis 18 Jahre.
Im Klartext: Gerade Kinder und Jugendliche, die täglich die Köpfe zusammenstecken müssen, werden ohne Impfschutz einem wesentlich aggressiverem Corona-Virus ausgesetzt. – Das Virus feiert diese idealen Bedingungen!
Man kann sich damit trösten. dass nach den bisherigen Erfahrungen, Kinder und Jugendliche nur milde Verläufe hätten. Wir riskieren aber nicht absehbare Spätfolgen einer Infektion. – Ich nenne das eine verantwortungslose Duchseuchungsstrategie.
V. Bildungsanspruch, Präsenzpflicht und Gesundheitsschutz
Ich habe mich oft gefragt, woher dieser irrationale Widerstand gegen wirksame Schutzmaßnahmen in der Schule eigentlich kommt?
Die Bildungscommunity verteidigt ihr Lieblingsvorurteil, nämlich dass allein Präsenzunterricht in der Schule gute Bildung vermitteln würde. Die Schulpräsenzpflicht ist zwar die traditionelle Form der Schulorganisation, aber erziehungswissenschaftlich und verfassungsrechtlich keineswegs zwingend.
Alle reden von einem „Bildungsanspruch“ der Kinder. Aber es gibt keine Bildungspflicht der Kinder durch Teilnahmezwang am Präsenzunterricht unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen! Im Gegenteil: Dort wo die Gesundheitsgefahr beginnt, endet das Recht des Staates, eine Präsenzpflicht zwangsweise durchzusetzen.
Übrigens: aus verfassungsrechtlicher Sicht müssen zuerst alle technischen Möglichkeiten wie eben auch Luftfilter ausgeschöpft sein, bevor Grundrechtseingriffe wie etwa eine Maskenpflicht angeordnet werden können.
Stadtrat und Stadtverwaltung haben im Sommer 2020 vor der kommenden zweiten Welle versagt. Auch ich hatte das Grundvertrauen, dass die Gesundheitsbehörde und die Schulverwaltungen, dass der OB und die Fachbürgermeister alles unternehmen würden, um sich bestmöglichst auf die kommende Welle vorzubereiten.
Ich habe mich getäuscht und ich wurde getäuscht – aber ich habe auch nicht klar genug nachgehakt. Diesen Fehler will ich, wollen wir, heute nicht wiederholen!
Deshalb: Machen Sie der Stadtverwaltung und dem OB Druck, tun Sie alles, um die Kinder zu schützen, Stimmen Sie unserem Ergänzungsantrag zu!