„Es sollte beim Carsharing darum gehen, das Sharing und nicht das Car attraktiv zu machen.“

DISSIDENTEN gegen kostenloses Parken von Carsharing-Autos in der Äußeren Neustadt

In seiner Doppelsitzung vom 14./15.07.2022 verabschiedete der Dresdner Stadtrat neue Leitlinien in Bezug auf Carsharing. Auf Antrag der Dissidenten wurde die Äußere Neustadt vom kostenlosen Abstellen von Free Floating Autos ausgenommen.

Bisher gibt es in Dresden das stationsgebundene Carsharing, bei welchem die Leih-Autos an festgelegten Punkten abgeholt und wieder abgestellt werden. (Während der Leihdauer kann das Auto überall zu dann dort geltenden Gebühren geparkt werden.) Free Floating ist hingegen stationsungebundenes Carsharing, d.h. ein geliehenes Auto kann überall in Dresden kostenlos abgestellt werden – sowohl während als auch am Ende der Leihdauer. 

„Stationsgebundenes Carsharing hat den entscheidenden Vorteil, dass ich mir für jede Fahrt genau überlegen muss: ‚Brauche ich das Auto?‘ Free Floating verführt dazu, dass auch kurze Wege mit dem Auto zurückgelegt werden“, analysiert Dr. Martin Schulte-Wissermann (Piraten). „Es ist nicht Ziel des Carsharing, in Konkurrenz zu Fuß-, Rad- und Öffentlichem Verkehr zu treten. Es sollte beim Carsharing darum gehen, das Sharing und nicht das Car attraktiv zu machen.“

Unzweifelhaft ist jedoch, dass es noch ein zu geringes Carsharing-Angebot in Dresden gibt. Daher erklärt Schulte-Wissermann abschließend: „Die Dissidentenfraktion steht felsenfest zu einer nachhaltigen Verkehrswende. Hierbei soll und muss auch Carsharing massiv gefördert werden. Hier kann die Ausweisung von neuen Carsharing-Stationen mit dem kürzlich eingeführten CarSharing-Schild [1] einen durchschlagenden Erfolg bringen. Unsere Fraktion wird alles tun, damit der (stationsgebundene) Carsharing-Bedarf flächendeckend bedient werden kann.“

[1] https://carsharing.de/themen/politik-gesetze/stvo-novelle-verwaltungsvorschriften-werden-endlich-verabschiedet

9 Kommentare

  1. Hallo, wir sind überzeugte Radfahrer und bereiten uns gerade auf die Fahrradmobilität mit zweiten Kind vor.
    Mag ja sein, dass Herr Schulte-Wissermann Recht hat, dass free-floating das Fahren mit dem Carsharing attraktiver macht, ein nicht attraktives Carsharing macht aber das eigene Auto attraktiver!
    Ohne Teilauto geht es trotz Lastenanhänger nicht immer. Sehr sehnsüchtig warten wir schon auf free-floating, da es viele Dinge vereinfacht. Z.B. wenn meine Lebensgefährtin aus dem Wochenbett das Neugeborene zum Kinderarzt fahren muss, geht das nicht ohne Auto. Das Auto überhaupt erstmal zu holen (was so weit sein kann, wie die Entfernung zum Auto selbst)und dann auch wieder zu einer weit entfernten Station zurück zu fahren, ist ein großes Problem.
    Ich bedauere, die aus meiner Sicht, getroffene Entscheidung der Dissidenten.

    1. Danke für deinen Kommentar.

      Wir haben in den letzten Tagen mit vielen Menschen zum carsharing gesprochen. Manche begrüßen unsere Entscheidung, andere kritisieren sie. Für beide Seiten gibt es valide Argumente. Eines möchten wir noch klarstellen: In unserem Antrag ging es uns um die Neustadt, wo zahlreiche Stationen mit kurzen Wegen erreichbar sind. In den Randgebieten, wo es weniger Stationen gibt, ist Free Floating nach Beschluss des StaDDrates möglich. TeilAuto will es dort jedoch nach eigenen Aussagen nun nicht mehr anbieten, weil es wohl keinen Sinn ergebe. Ob sie dabei bleiben, wird die Zeit zeigen. Nichtsdestotrotz werden wir uns in den kommenden Jahren dafür einsetzen, dass das Stationsnetz ausgeweitet wird, da wir Carsharing grundsätzlich als sinnvoll erachten.

    2. „Das Auto überhaupt erstmal zu holen (was so weit sein kann, wie die Entfernung zum Auto selbst)und dann auch wieder zu einer weit entfernten Station zurück zu fahren, ist ein großes Problem.“

      Den Satz verstehe ich nicht: „was so weit sein kann, wie die Entfernung zum Auto selbst“? Normal wenn ich ein Auto holen will, dass dies die Entfernung bis zum Auto selbst ist. Oder sollte es heißen: „was so weit sein kann wie die Entfernung zum Kinderazt selbst“. In letzterem Fall verstehe ich das Luxusproblem nicht, es sei den man wohnt abseits und die nächste Carsharingstation ist 2 bis 3 km entfernt. In dem Fall wohnt man aber nicht in der äußeren Neustadt, was ja dann nicht Gegenstand des Antrages war. Hier sollte man sich die Entshceidung des Sharinganbieters bedauern.

      1. Vermutlich meinte Manuel Wolf den Weg zum Kinderarzt. In meinen Augen ist das kein „Luxus“problem: Kurzfristige Buchungen sind teils nicht möglich, da Fahrzeuge häufig bereits ausgebucht sind, was prinzipiell ein gutes Zeichen ist. Als Löbtauer fahre ich für spontane Buchungen (z. B. den Einkauf im Baumarkt) schon mal einige km zum nächsten Fahrzeug (hin und zurück). Hier sind Free Floating „Cityflitzer“, die nur für wenige Stunden gebucht werden können, durchaus eine hilfreiche Option. Das sind dann übrigens auch die Fahrzeuge, die wochenends und in der heiß begehrten Sommerurlaubszeit zur Verfügung stehen. In meinen Augen verkompliziert die Exklusion eines so zentralen Gebietes wie der äußeren Neustadt das gesamte Konzept sowohl für die Nutzer als auch für teilauto.

  2. Den Kritikpunkt mit den Parkgebühren, kann ich gut nachvollziehen. Warum sollte man Sharingfahrzeuge bevorteilen. Parkgebühren beim Free-Floating auf den Preis draufpacken und gut.
    Auf der anderen Seite muss ich die Argumentation anzweifeln, dass Free-Floating das Auto so attraktiv macht, dass die Stadt mit Autos „überschwemmt“ wird und zu attraktiv macht. Das ist ja erst einmal eine rein theoretische Annahme für die es keine Belege gibt. Oder gibt es da Beispiele aus anderen Städten? Wenn ich mir die Preise vom Carsharing anschaue, dann sind das für mich keine attraktiven Preise, die Fahrrad oder ÖPNV ersetzen. Wenn ich solche Vergleiche anstelle komme ich mit ÖPNV und Rad immer günstiger weg. Daher würde ich nie auf die Idee kommen einen Weg den ich mit Rad, Bus oder Bahn zurücklegen kann durch Sharing zu ersetzen. Gerade wenn ich in die Stadt will. Sharing wird aus meiner Sicht nur im Vergleich zum eigenen Fahrzeug interessant und der Überlegung dieses zu ersetzen oder gar nicht erst anzuschaffen. Ich persönlich finde hier sind wieder alle in ihren starren Denkmustern gefangen, statt nach Lösungen und Möglichkeiten zu suchen. Es gibt wieder mal nur schwarz/weiß, ja/nein, statt wir probieren das mal aus und schauen wie es läuft, ansonsten machen wir dieses oder jenes.

  3. Ich finde die Argumentation hier unehrlich. Es gibt keine offene Frage zu Parkplatzgebühren, die werden bei Carsharing ebenfalls gezahlt. Und es gab nur eine kurzfristige Änderung zur Ablehnung statt einer Ermöglichung durch mehr Stationen im fraglichen Bereich, die ein mit Parkleitsystem gestütztes Floating zwischen diesen ermöglichen können.

  4. Leider leben wir hier in Deutschland, wo man neue Ideen lieber erstmal verhindert. Mit Freefloating, Uber Pool etc. gelingt anderswo die Verkehrswende, über die hier lieber Jahrzehnte lang geredet wird. Da nützt es auch auch nicht wenn die Fraktion felsenfest hinter irgendwas steht. Es ist ganz einfach: Will man, dass man sich fragt, ob man ein Auto für eine Strecke wirklich braucht, muss man sich auch auf die Antwort „Ja“ vorbereiten. Entweder es gibt dann Freefloating, Carsharing, Uber, oder man kauft sich eben doch ein Auto. Sehr gut gemacht, liebe Dissidenten.
    Ihr schreibt, es gäbe auch Argumente gegen das Freefliating. Welche sind das denn? Ich kenne keine.

    1. Auch ich bin enttäuscht über die Aussagen der Dissidenten. Ich bin mir bewusst, dass die Entscheidung nur die Neustadt betrifft und nicht das gesamte Stadtgebiet.
      Ich selbst wohne in Kaditz, das mit ÖPNV recht schlecht erschlossen ist. Das MobiShuttle ist da zwar ein richtiger Schritt. Aber von Randgebiet zu Randgebiet zu kommen dauert mit dem ÖPNV schon recht lange und macht das eigene Auto attraktiv.
      Wir sind Radfahrer und besitzen ein Auto. Jenes Auto hätten wir schon längst abgeschafft, wenn es freefloating Carsharing in unserem Stadtteil gäbe. Unser Auto blockiert 23 Stunden am Tag öffentliche Fläche, die man ersetzen könnte durch Begegnungsstätten oder Bäume.
      In meinen Augen verkennen die Dissidenten den eigentlichen Mehrwert von freefloating Carsharing ausgelöst durch die Angst, es könnten mehr Fußgänger, Radfahren, Bus-/Bahnfahrer auf dieses Angebot umsteigen. Diese Bedenken mögen sogar valide sein, allerdings lässt sich mit einer sinnvollen Preisgestaltung dieser Bedarf auch lenken.
      Ich bin überzeugt, dass mit freefloating Carsharing der Anteil an Autos in Besitz in Dresden stark zurück gehen würde.

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