Im Februar forderte die Letzte Generation in einem offenen Brief die Unterstützung für einen Gesellschaftsrat Klima. Nun ermittelt im Auftrag der Staatsanwaltschaft der Staatsschutz wegen Nötigung gegen die Klimakleber. Und nötigen deshalb Oberbürgermeister, Fraktionsvorsitzende und die DISSIDENTEN-Fraktion zu einer Zeugenerklärung.
Mein offenes Geständnis:
„Offene Zeugenerklärung
Liebe Staatsschutzpolizei, liebste Staatsanwaltschaft,
Ihr Schreiben vom 31.8.2023 nötigt mich, im Dienste der politisch instrumentalisierten Strafverfolgung, folgende offene Zeugenerklärung abzugeben:
- Schildern Sie den Sachverhalt aus Ihrer Sicht!
Jawoll!
Hier mein Gedächtnisprotokoll:
[10:48] Der unbestimmte Februarmorgen des 2.2.2023 rotzt mir seine scheiß Ahnungslosigkeit ins Gesicht, als Fraktionsreferent Manu mir besagte eMail weiter leitet. Irgendwann (0-14 Tage) später öffne ich sie.
[11:23] Ich lese die Bitte zur „Unterstützung zur Etablierung eines Gesellschaftsrat Klima auf Bundesebene”. Sie richtet sich an den Oberbürgermeister („Ausgerechnet Dick?“ schießt es mir durch den Kopf, „Der stößt doch bei einem Mittagessen mehr CO2 aus, als drei brennende Polizeiautos in einem Jahr!“), die Fraktionsvorsitzenden und den Stadtrat (das bin ich).
[11:27] Mit einer Mischung aus erheiterter Abscheu, belustigter Fassungslosigkeit und hysterischem Kichern (still) beende ich die Lektüre und baue mir eine Tüte.
[11:29] Beim Kacken rauche ich und denke über das Gelesene nach. Wenn Sie mich fragen und Sie fragen mich ja, ist die Idee eines Gesellschaftsrats, als solche, als auch die Forderung nach der Unterstützung des Stadtrats und des viel (wenn nicht gar über-) gewichtigeren Oberbürgers, brutal dämlich.
Ausgangspunkt der Gesellschaftsratsidee ist die Feststellung, dass die herrschende Politkaste, in Gestalt des Parteienparlamentarismus, einen Scheiß auf die offensichtlichsten Probleme (hier: globale Katastrophe) gibt. Korrupt, korrumpiert und unfähig bis auf die Knochen werfen sie, mit ebenso leeren, wie falschen Versprechen um sich und uns (und den Planeten) dem Kapitalismus zum Fraß vor. Stumpfsinniger Populismus ersetzt Diskurs, gutbürgerliche Herrschaftspresse räumt die intellektuellen Regale leer und dümmliche Umfragen simulieren demokratischen Austausch, während das Demokratiesimulakrum des politischen Apparates jeden Bezug und jede Beziehung zu den Beherrschten verloren hat und sich stattdessen einzig den Mechanismen innerparteilicher Logik, vermeintlicher Sachzwänge und des allesdurchdringenden Kapitalismus unterwirft. Jegliche, für eine funktionierende, demokratische Gesellschaft unerlässliche, Reziprozität zwischen Herrschern und Beherrschten ist ausgeschlossen und unerwünscht. Dies macht die unterschiedlichsten Beherrschten langsam fuchtlig, weil sie von ihren Herrschern erwarten, wenigstens die drängendsten Probleme mal anzugehen und führt letztlich zu einer handfesten Legitimationskrise. „Der Wille des Volkes“ und so.
Nun soll ein Rat aus zufällig ausgelosten, aber die Gesellschaft nach irgendwelchen Kriterien repräsentierenden Menschen, sich frei und unbefangen an die Lösung unserer Probleme machen. Nicht nur wegen der durchaus drängenden Fragen, wer z.B. das Heilsevent Gesellschaftsrat organisiert und damit schon korrumpiert oder nach welchen Merkmalen man eine tatsächliche Repräsentanz herbeiphantasieren will oder wie verhindert werden soll, dass der Rat ebenso leicht durch Profitlobbyismus entstellt wird, wie die Parteien, ist dieser Gesellschaftsrat ein Gedanke in die völlig falsche Richtung. Zum einen fehlt einem solchen Rat jede Beteiligungsmöglichkeit, also auch Legitimation, (welche sich im Parteiensystem immerhin noch durch die Stimmen(-Abgabe) bei einer Wahl speist) zum anderen ist ein Rat ohne Macht sinnlos.
Anstatt Verantwortung an eine vermeintlich neutrale, weil vom „Algorithmus“ (nach welchen Merkmalen?) ausbaldowerde, Gruppe, bei der man sich sogar noch vor der Verantwortung der Wahl drückt und sich unbeteiligt vom Losglück vertreten lässt, sollte meines Erachtens jedes progressive Streben darauf gerichtet sein eigenverantwortlich und selbstorganisiert zu leben. Weg von der Idee Verantwortung einer Entität, einer Regierung, einem Staat zu überlassen, hin zur Selbstbestimmung. Hin zum kommunistischen Anarchismus!
[11:42] Ich lege mühsam Mühsams „Befreiung der Gesellschaft vom Staat“ beiseite, wische mir den Arsch ab, beende meine Gedanken zum Gesellschaftsrat und wasche mir die Hände.
[11:51] Mit frischem Kaffee lese ich nochmal die Stelle, wo Olaf Schloz „öffentlich versprechen [soll], dass er die Empfehlungen des Gesellschaftsrates umsetzen wird“. Haha!
Wie bescheuert es ist, seinen Protest an die Aussagen von irgendwelchen Politpümpeln zu hängen.
[12:02] Und dann noch für so eine dämliche Forderung! Was wäre denn, wenn die Bundesregierung solch einen Rat einrichtete? Erstmal für ein paar Jahre die Füße still bzw. den Kleber zu lassen, um dann zu sehen, wie die faulen Kompromisse, die unter Einfluss von Profitinteressen, technokratischen Pseudonotwendigkeiten und „Das haben wir schon immer so gemacht“ herauskommen, bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt und schließlich gänzlich ignoriert werden?
[13:23] Lese nochmal die pathetischen Ausführungen zur Klimaapokalypse. Sind leider wahr. Nur der Teil mit dem „Respekt vor den Anstrengungen der Bundesregierung” nicht. Der ist albern.
[13:25] „Disziplinert und gewaltfrei“ will der Dresdner Klimakleberkomplex die „öffentliche Ordnung“ stören, wenn ich meine Unterstützung nicht öffentlich kundtue.
[13:26] Schweißgebadet wache ich auf: Was, wenn auf dem Weg zum Späti einer von DENEN klebt?
[13:27] Alle Abwägungen nötigen mich zu der Entscheidung, auf jeden Fall nicht zu reagieren. Störungen der „öffentlichen Ordnung“ finden meinen Wohlgefallen. Und die Erhaltung unserer Lebensgrundlage, ist doch ein ganz guter Grund den zerstörerischen Trott zu stören. Wer will es der „Klimajugend“ (0-99) auch verdenken, dass sie sich nach Jahren erfolglosen Protestes ein kleines bisschen radikalisiert?
[13:28] Meine Phantasie geht mit mir durch:
Vor meinem geistigen Ohr höre ich die Gestörten der öffentlichen Ordnung toben.
„Ich muss auf Arbeit!“ grunzen die deformierten Lohnsklaven, die schon lange freie Fahrt mit Freiheit verwechseln und alles umrungsen, was dem gewohnten Trott durch ihr trostloses Dasein – „Muss auf Arbeit!“ – stört. „Ich schlag euch tot!“ Und so entmenschlicht sich eine unmenschliche Gesellschaft, um bloß nicht der Menschheit einen menschenfreundlichen Ort zum Menschsein zu überlassen. „Ich muss auf Arbeit! Ich schlag euch tot!“
Warum auch nicht? Liest man doch, es sei Notwehr, die Klimaterroristen von der Straße zu prügeln und der stolze Rechtsstaat widerspricht nicht. Er schnüffelt Kleber und geht in Präventivhaft. Der gute deutsche Polizist schreitet unterdessen mutig zur Tat und schleift die Schwerverbrecher (Cyanacrylat) im Schmerzgriff öffentlichkeistwirksam vom Asphalt.
„Die blockieren den Verkehr? Ab nach Stammheim!“ stimmt die Staatsanwaltschaft ein und offenbart sich als Instrument politischer Strafverfolgung jenseits jeglicher Verhältnismäßigkeit.
Dabei kleben diese Terroristen sich an die Straße und nicht etwa der Staatsanwaltschaft Eine. Obwohl das offensichtlich angebracht wäre.
BaaderMeinhof würden sich im Grabe umdrehen!
[13:26] Zum Glück ist das alles Quatsch, wir leben ja in einem Rechtsstaat mit Gewaltmonopol, Gewaltenteilung und dem ganze geilen Rest, der vor willkürlicher staatlicher Repression schützt und niemals würden Polizei und Staatsanwaltschaft völlig absurde Ermittlungen wegen eines offenen Briefes mit Forderungen anstellen! NötigungsSmiley
- Fühlen Sie sich durch dieses Schreiben (zu einer Handlung) genötigt?
Die emotionale Tortur zu der mich das Schreiben nötigte, habe ich unter 1. bereits geschildert. Desweiteren nötigt es mich zu der Erkenntnis, dass es für die Bankrotterklärung des Rechtstaates nur ein paar Tuben Kleber braucht. Da staunt man was (Trieb-)Stau so alles auslöst. (Ich finde es ja gut, wenn das unangebrachte Vertrauen und der stabilisierende Aberglaube in diesen Staat bis weit in gutsituierte Bürgerschichten hinein tief erschüttert wird. RevolutionsSmiley)
Außerdem nötigt mich der läppische offene Brief der letzten Generation unfreiwillig dazu, wegen der lumpigen Nötigungs-Ermittlungen, die mich nötigende Polizei und Staatsanwaltschaft aufzufordern (zu nötigen (lt. Staatsanwaltschaft)), die Etablierung eines Gesellschaftsrat “Politisch motivierte Strafverfolgung” auf Bundesebene zu unterstützen, weil ich andernfalls genötigt wäre, die öffentliche Ordnung diszipliniert und gewaltfrei zu stören. Auch haarige Ärsche kleben!
- Hat die LHS Dresden bzw. Sie darauf reagiert? Wenn ja, in welcher Form?
Die Landeshauptstadt hat nicht auf die Forderungen reagiert, sie gibt nicht viel auf Klimaschutz. Der Oberbürger lud die Klimaterroristen laut Presse zum Kaffee ein, dazu reichte man Schweinsöhrchen und einen Hinterschinken.
Meine Fraktion lud zu einem Klimagespräch (nachzuhören im Internet).
Ich habe mit Aufwiegelung zur Störung der öffentlichen Ordnung durch Passivität reagiert. Die Formen davon variierten (z.B. saufen, kiffen, masturbieren).
Genötigte Grüße
Max Aschenbach
Stadtrat
Die PARTEI Dresden
DISSIDENTEN-Fraktion
Stark. Der lethargische Max nimmt Fahrt auf.
Stark.
Tut gut, zu lesen.
Man weiß ja gerade nicht mehr, wo es aufklärerisch am meisten brennt.
Super, wenn Max da in Fahrt kommt!
Gut geschrieben, Genosse. o/